
Gastgebende Führung in der Hospitality-Branche
Die Wahl ist vorbei und das Resultat einfach deprimierend. Deswegen ein anderes Thema, das uns in der Branche dennoch weiterhin beschäftigen wird.
Die Gastro- und Hotelbranche versteht sich zurecht als Gastgeber par excellence. Gäste zu empfangen, sie willkommen zu heißen und glücklich zu machen, gehört zu unserem Selbstverständnis. Doch dieser Anspruch endet nicht bei den Gästen – er gilt ebenso für unsere Mitarbeitenden. Nur wenn sie respektiert, ernst genommen und geführt werden, erfüllen wir unsere Rolle als Gastgeber auch intern.
Doch was passiert, wenn wir diesem Anspruch nicht gerecht werden? Wenn Mitarbeitenden mit Arroganz, Rivalität oder gar Dummheit begegnet wird? Unsere Aufgabe als Führungskräfte ist es, Mitarbeitende zu leiten, ihnen die Vision, Ideen und Aufgaben unseres Unternehmens oder Verbands zu vermitteln. Seit Jahren sprechen wir vom Fachkräftemangel – doch was tun wir intern wirklich, um Mitarbeitende zu halten?
Verantwortung geht über das Unternehmen hinaus
Gerade nach der Wahl wollte ich diesen Blog nicht ausschließlich politisch schreiben, sondern die Themen in einer anderen Version aufgreifen. Dennoch ist es enttäuschend, dass sich die großen Gastro-Verbände politisch fast ausschließlich zur Mehrwertsteuererhöhung und wirtschaftlichen Aspekten geäußert haben.
Was komplett gefehlt hat: eine klare Position gegen den zunehmenden Fremdenhass und Antisemitismus. Nicht einmal zu den jüngsten Anschlägen oder zum 80. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz gab es von beispielsweise der Berliner DEHOGA ein Statement oder eine Verurteilung.
Gerade die Hotel- und Gastrobranche muss auf Vielfalt bauen und sich aktiv dafür einsetzen. Doch durch das stille Verhalten der politischen Fachverbände – darunter auch die DEHOGA, insbesondere in Berlin – wird deutlich, dass sie sich nicht wirklich für die Branche, die Betriebe und deren Fachkräftemangel engagieren.
Wenn sich Berufsverbände nicht klar gegen Fremdenhass und Antisemitismus äußern, dann haben sie ein grundlegendes Problem. Sie vertreten die Betriebe, die sich tagtäglich für ihre Mitarbeitenden einsetzen – aber wie glaubwürdig ist ihr Einsatz, wenn sie es nicht einmal schaffen, sich für den Schutz und die Würde dieser Menschen klar zu positionieren?
Führen bedeutet Verantwortung übernehmen
Führung heißt, Mitarbeitende gezielt weiterzuentwickeln und dorthin zu bringen, wo sie im Unternehmen gebraucht werden. Es bedeutet, die richtigen Menschen einzustellen und – falls notwendig – auch Trennungen respektvoll zu gestalten. Bereits im Bewerbungsprozess sollte Offenheit herrschen: Die Realität der Position, Herausforderungen und mögliche Schwierigkeiten müssen ehrlich kommuniziert werden. Nur wenn die Chemie und Kommunikation stimmen, sollte eine Zusammenarbeit beginnen.
Führung bedeutet nicht nur, Erwartungen auszusprechen, sondern sie auch vorzuleben. Vertrauen in die geleistete Arbeit ist essenziell. Ständiges Kritisieren ohne konstruktive Lösungsansätze ist kein Führungsstil, sondern schwach und entmutigend.
Verantwortung bei Kündigungen: Ein respektvoller Umgang ist essenziell
Die Verantwortung als Arbeitgeber endet nicht nur bei der Führung im Alltag, sondern auch im Umgang mit schwierigen Entscheidungen wie Kündigungen. Eine Trennung von Mitarbeitenden sollte immer der letzte Schritt sein – erst wenn alle anderen Wege ausgeschöpft wurden.
Bevor es zu einer Kündigung kommt, müssen Führungskräfte gemeinsam mit den Mitarbeitenden Lösungen suchen. Was kann verändert werden? Welche Unterstützung braucht die Person? Wo können Fehler gemeinsam korrigiert werden? Eine gute Führungskraft hilft, zeigt Wege auf und gibt konstruktives Feedback, um eine Kündigung nach Möglichkeit zu vermeiden.
Doch wenn es am Ende keine andere Lösung gibt, dann muss die Trennung respektvoll, fair und vor allem persönlich erfolgen. Eine Kündigung per WhatsApp oder Telefon ist nicht nur respektlos, sondern auch ein Zeichen von Schwäche und Führungsunfähigkeit. Jede Kündigung verdient ein persönliches Gespräch – wertschätzend, klar und mit der Möglichkeit für den Mitarbeitenden, Fragen zu stellen und in Würde aus dem Unternehmen zu gehen.
Mitarbeitermotivation und -bindung stärken
Die Frage, warum Mitarbeitende ein Unternehmen verlassen, wird oft zu spät gestellt. Dabei gibt es klare Muster:
Fehlende Wertschätzung und Respekt
Mangelnde Entwicklungsmöglichkeiten
Ein negatives Arbeitsklima durch toxische Führung
Doch was können Unternehmen konkret tun, um Mitarbeitende langfristig zu binden?
Regelmäßige, ehrliche Feedbackgespräche
Wer seine Mitarbeitenden nur dann beachtet, wenn es Probleme gibt, verliert sie schneller als gedacht.
Förderung individueller Entwicklung
Weiterbildung, interne Aufstiegsmöglichkeiten oder projektbezogene Verantwortung schaffen Loyalität.
Einbindung in Entscheidungen
Mitarbeitende, die mitgestalten dürfen, identifizieren sich stärker mit dem Unternehmen.
Schlechtes Führungsverhalten: Die versteckte Gefahr
Mangelhafte Führung ist kein harmloser Fehler – sie hat gravierende Konsequenzen. Unternehmen, die ihre Mitarbeitenden nicht wertschätzen, kämpfen nicht nur mit hoher Fluktuation, sondern auch mit sinkender Qualität, schlechterem Kundenservice und einem geschädigten Image.
Ein besonders respektloses Beispiel: Mitarbeitende während einer Krankmeldung oder gar telefonisch zu kündigen. Das ist nicht nur niveaulos, sondern zeigt die völlige Unfähigkeit einer Führungskraft. Wer so handelt, hat nichts in einer Leitungsposition verloren.
Was macht eine gute Führungskraft aus?
Gerade in der Hospitality-Branche müssen wir nicht nur gastgebende Gastgeber, sondern auch gastgebende Arbeitgeber sein. Das bedeutet:
Menschlichkeit zeigen – Mitarbeitende sind keine Nummern, sondern Menschen mit individuellen Bedürfnissen.
Souverän und unaufgeregt handeln – Eine starke Führungskraft agiert mit Ruhe und Weitsicht.
Wissen, wie man führt – Nicht jeder ist für eine Führungsposition geeignet. Wer sich unsicher fühlt, sollte das Buch Das Peter-Prinzip lesen.
Ein Appell an alle Führungskräfte
Jeder, der in dieser Branche eine Führungsrolle innehat, trägt eine Verantwortung – nicht nur für das Unternehmen, sondern auch für die Menschen, die es täglich am Laufen halten. Gastgebende Führung bedeutet, Respekt, Entwicklung und Loyalität zu fördern.
Gastgebende Führung ist kein Titel, sondern eine Haltung. Wer führen will, muss Menschen verstehen, wertschätzen und fördern. Andernfalls wird aus Führung ein Hindernis – für Mitarbeitende, Gäste und das Unternehmen selbst.
Die entscheidende Frage ist:
Haben wir den Mut, echte Führungspersönlichkeiten zu sein – oder bleiben wir Verwalter des Status quo?
Fazit
Die Hospitality-Branche lebt von Gastfreundschaft – und diese sollte nicht nur für Gäste, sondern auch für Mitarbeitende gelten. Wer führen will, muss Respekt zeigen, Perspektiven bieten und eine offene, wertschätzende Unternehmenskultur fördern. Doch Verantwortung endet nicht im Betrieb. Gerade in einer Branche, die von Vielfalt lebt, müssen sich Führungskräfte und Berufsverbände klar gegen Fremdenhass und Antisemitismus positionieren. Wer dazu schweigt, stellt seine eigene Glaubwürdigkeit infrage.
Die Frage bleibt: Sind wir mutige Führungspersönlichkeiten – oder nur Verwalter des Status quo?
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